Weltbienentag in der Oberlausitz

Honigbienenhaltung in Wald und Garten hat eine lange Tradition in der Oberlausitz.
Bis zur Mitte des 18.Jahrhunderts ruhte sie bei den Zeidlerfamilien, die sich auf die Waldbienenhaltung ver- standen. Sie betreuten die Bienen im Wald und ernteten deren Honig und Wachs. Die Bienen wohnten in gefertigten, künstlich ausgehöhlten Stämmen alter großer Kiefern mit ausreichendem Stammumfang. Die Besiedlung der Zeidlerbäume war durch das natürliche Schwarmverhalten der Bienen gegeben.
Imker- und Zeidlerwesen waren zu dieser Zeit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor nicht nur in der Oberlausitz. Bienen liefern Honig und Wachs für Beleuchtung und kirchliche Rituale und bestäuben zahlreiche Nutzpflan- zen. Das Wissen um die nutzbringende Haltung von Waldbienen, die sich über Schwärme vermehren, wurde vom Vater auf den Sohn weitergegeben.

Gotlob Adam Schirach, in sorbischer Sprache Hadam Bohuchwał Šěrach, ge- winnt nach seinem Studium an der Universität in Leipzig 1748 die Pfarrstelle in Kleinbautzen in der Oberlausitz. Er ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften. 1766 gründete er die über Ländergrenzen hinaus agierende Physikalisch-oeconomische Bienengesellschaft. Sie gibt den „Sächsischen Bienenvater“ heraus und unterrichtet angehende Imker. Seine Schüler kommen aus Bayern und Wien. Auch Katharina die Große entsendet zwei Schüler, die die Kunst des Imkern bei G.A. Schirach erlernen.

Er spricht sorbisch und deutsch und erringt in seiner Eigenschaft als Pastor das Vertrauen der umliegenden Zeidler. Er sammelt, korrigiert und ergänzt deren Erkenntnisse und beschreibt die praktischen Fertigkeiten der Waldbienenhaltung. In eigenen Versuchen findet er heraus, dass Bienen in der Lage sind, aus einem isolierten Bruchstück einer Bienenwabe mit frisch gelegten Eiern eine neue Königin zu ziehen.

Es folgen zahlreiche Publikationen im „Sächsischen Bienenvater“, herausgegeben durch die Physikalisch-oeko- nomische Gesellschaft. Nach seinem frühen Tod im Jahr 1773 wird sein letztes Buch, „Die Waldbienenzucht“ herausgegeben.

A.G. Schirach ist der Vater der Ablegerbildung. Er machte die Honigbiene zum Haustier und die Imkerei un- abhängig vom natürlichen Schwarmverhalten der Biene.

Am Weltbienentag feiern wir den Geburtstag Anton Janšas, ab 1769 Hofimker Maria Theresias am kaiser- lichen Hof in Wien. Er ist ein Zeitgenosse Schirachs. Er nutzte und entwickelte die Erkenntnisse Schirachs. Er bewies das Paarungsverhaltens der Königin, lehrte die Königinnenzucht, führte die Zarge lange vor der Erfindung der frei beweglichen Rähmchen in der Beute ein und förderte die damit möglich gewordene Wanderimkerei.

Zu Ehren von Gotlob Adam Schirach entstand in Kleinbautzen der „Schirachpfad“. Auf beschaulichen 4km geht es von der sehr sehenswerten Kirche in Kleinbautzen durch den kleinen Ort, an Feldern und Wiesen vorbei zum Teufelsstein von Pließkowitz – „dem Stonehenge vor den Toren der Stadt Bautzen“. Unterwegs be- gegnen uns große Schautafeln zu Themen rund um Bienen, Hummeln, Wespen und Wildbienen.

© Text und Fotos: Marion Loeper

 




Tod im Beutelchen

In Nordspanien ist die Asiatische Hornisse längst eine Plage und bedroht die Imkerei.
Bei uns in Deutschland taucht sie immer häufiger auf.
Von Bernhard Honnigfort, 62 Jahre alt,  imkert seit elf Jahren in Striesen

„Dreckspack“, schimpfte Jos Guth, als sein Vortrag einen Schlenker machte und bei der Asiatischen Hornisse angelangt war. Der Rest seiner Verwünschungen auf das unerwünschte Insekt ging dann im eigenen Gemurmel unter.

Am 29. Oktober vergangenen Jahres war die Imker-Legende aus Luxemburg einen Tag lang in Dresden zu Gast und erzählte gut gelaunt aus seinem Leben als erfolgreicher Buckfastimker  und Königinnenzüchter. Ein grandioser Vortrag, leicht und humorvoll aus dem Ärmel geschüttelt, als sei der Mann nebenbei auch im Karneval als Redner unterwegs. Er verriet Tricks und Kniffe, zählte auf, was man als Imker alles falsch machen kann und was man um Gottes Willen nie tun darf. Das Publikum, einige waren sogar aus Rumänien angereist, um ihm zuzuhören, lauschte so andächtig wie amüsiert und schrieb emsig mit. Ein höchst kenntnisreicher Profi voller Witz und Wissen packte aus und ließ eine vergnügt staunende Zuhörerschar an seinem großen Erfahrungsschatz teilhaben. Gut gelaunt allerdings nur bis zu dem Moment am Nachmittag, als er auf das „Dreckspack“ zu sprechen kam, das ihm seit einiger Zeit Sorgen bereitet, die Asiatische Hornisse.

Jos GuthSeit etwa zehn Jahren taucht der ungebetene Eindringling aus Asien auch in Guths Heimat Luxemburg auf. Die Hornisse ernährt sich gerne von Honigbienen, sie ist ein Alptraum für jeden betroffenen Imker. Die Europäische Kommission hat das Insekt als gefährlich für die Honigbiene und ganze Ökosysteme eingeschätzt und auf die Liste invasiver Arten gesetzt. Jos Guth berichtete, wie in Luxemburg die oft hoch in Bäumen hängenden Hornissennester aufwendig und teuer mit Hubsteigern beseitigt werden mussten.

Was die Hornisse anrichten kann, lässt sich derzeit sehr gut in Nordspanien beobachten. Dort sprechen Imker und Naturschützer von einer Katastrophe. Seit etwa 2004, als das Insekt vermutlich über Südfrankreich ins Land kam, breitet es sich beinahe ungebremst aus und ist in den Bergen und Wäldern Kantabriens auch so gut wie nicht aufzuspüren.

August 2022, ein Obstgarten in Cadavedo, einem kleinen Dorf zwischen Hügeln und Wiesen unweit von Oviedo an der spanischen Nordküste. Apfelbäume, Birnbäume, Zitronen – ein Traum von einem Bauerngarten. Er gehört zu einem ehemaligen Hof, dessen Scheune heute an Urlauber vermietet wird. Die beiden Besitzer, Michael und seine Frau Nuria, erzählen. Eine Bauerngegend sei das, früher hätten auf den Höfen auch Bienenbeuten gestanden. Aber das sei vorbei, seit dieses schreckliche Insekt da sei.  Hinten in ihrem Garten steht ein großer Birnbaum, darunter liegt ein Haufen zusammengekehrtes Fallobst, matschige und angefaulte Früchte. Auf und in ihnen krabbeln etliche Asiatische Hornissen herum. Sie sehen etwas anders aus als unsere hiesigen Hornissen, dunkler und kompakter. Sie klingen anders, brummen weniger, es hört sich eher schnarrend an und schärfer im Ton.

Was am meisten auffiel an jenem sonnigen Augustnachmittag,  war das, was nicht da war: Es gab tatsächlich überhaupt keine anderen Fluginsekten in dem Garten, keine Honigbienen, keine Wildbienen, keine Hummeln, keine Schmetterlinge, nicht einmal Fliegen und Brummer tummelten sich auf dem Fallobst oder auf dem Komposthaufen. Nichts, nur „la Avispa asiática“, wie sie in Spanien heißt. „Wenn die Hornissen kommen, ist hier kein Platz mehr für andere Insekten“, erzählte Nuria, die Vermieterin. Im Frühjahr sei das noch anders, aber im Spätsommer: „Es ist ein Trauerspiel.“

In Spanien unternehmen Regierung, Behörden, Imker, Naturschützer und Tausende Freiwillige seit Jahren alles Mögliche, um die Ausbreitung des Eindringlings zu stoppen. Jugendliche und Studenten sind in die Berge gezogen und haben nach Nestern Ausschau gehalten, die dann mühselig aus den Bäumen geholt wurden. Oder man hat mit langen Stangen oder Luftgewehren Gift in die kugeligen Nester injiziert. Man hat mit Drohnen Nester aufgespürt und Gift versprüht. In der Region Kastillien & León ließ das regionale Umweltministerium über 400 Studenten schulen, die dann Lockmittel und Fallen aufstellten. In der Gegend um Villafranca del Brezo wurden innerhalb von vier Jahren 1806 Königinnen vernichtet, in Galicien, so Behördenangaben, sollen 2019 etwa 15000 Hornissennester zerstört worden sein. Im Jahr darauf sollen 7000 geschulte Freiwillige in der Provinz Asturien in Fallen etwa 125000 Wespen gefangen haben.

Der Kampf gegen die Asiatische Hornisse erinnert ein wenig an das Märchen vom Hasen und Igel. Wo der Mensch mühevoll nach ihr sucht und ihr nachstellt, da ist sie schon längst.  Laut Naturschutzbund Deutschland (NABU) ist die Einwanderung nach Europa mittlerweile „unumkehrbar“.

Auch in Deutschland taucht das „Dreckspack“ regelmäßig auf. Im August 2022 forderten die Bieneninstitute Imker auf, doch mal 30 Minuten die Eingänge der Beuten im Blick zu behalten und zu prüfen, ob dort keine Asiatischen Hornissen auf Jagd gehen. Taucht die Asiatische Hornisse auf, so Jos Guths Beobachtungen, verlassen die Bienen nicht mehr die Beute. Fliegen  vier oder fünf Hornissen, so der Luxemburger Imker, vor einer Beute herum, sei die Sache verloren.

In Südwestdeutschland wird sie seit 2014 regelmäßig gesichtet.In der Pfalz, in Freiburg, Mannheim und Hamburg wurde sie gefunden und vergangenes Jahr auch erstmals in Nordrhein-Westfalen. Als im Herbst die Blätter fielen und Nester in kahlen Baumwipfeln zum Vorschein kamen, war erkennbar: Auch in Deutschland scheint sich das  lateinisch Vespa Velutina nigrithorax genannte Insekt zu etablieren, nur eben noch deutlich langsamer als in Frankreich oder Spanien. Ob es hier auf Dauer heimisch wird, ist die Frage aller Fragen. Angeblich bevorzugt es milde Klimazonen, weshalb es beispielsweise im brütend heißen Zentralspanien bislang nicht vorkommt. Das Bienenjournal schrieb im Mai 2021, die Bedrohung sei noch nicht abschließend geklärt. Auch die Frage, wie gefährlich  die Hornisse für die Imkerei ist und ob sie tatsächlich unter „Dreckspack“ einsortiert werden muss, wird unterschiedlich gesehen. In einem drei Jahre alten Bericht der Süddeutschen Zeitung wird der Insektenkundler Rolf Witt zitiert: „Die Asiatische Hornisse ist weder ein Monster, noch haben wir aktuell Hinweise darauf, dass sie besonders gefährlich ist.“ Das dürfte sich aber vermutlich eher auf Horrortexte in sozialen Netzwerken beziehen, auf Verwechslungen mit der Asiatischen Riesenhornisse und auf die tatsächlich geringe Gefahr für Menschen durch Stiche.

Für Imker in Nordspanien oder Frankreich ist die Sache hingegen klar und der Kampf gegen den Eindringling unumgänglich. Dabei wird alles versucht. Auf was für Ideen Bekämpfer kommen und wie sehr Not erfinderisch macht, zeigt das Beispiel von José Miguel San Juan, eines Ingenieurs aus der Nähe von Santander. Der Mann braucht keine Freiwilligen, die auf die Suche nach Hornissennestern gehen, er braucht keinen Hubsteiger, um an Nester zu gelangen, keine Stangen oder Luftgewehre, um gefundene Nester der Asiatischen Hornisse zu zerstören.

Er lässt das die Hornissen selbst tun. Sein Konzept und seine kleine Internetfirma heißen: LOYDERN, auf Spanisch: LOcalicazión Y DEstrucizión Remota de Nidos, auf Deutsch: Auffinden und Zerstören von Nestern aus der Ferne. Wie das funktioniert, kann man auf Filmen seiner Seite loydern.com sehen: Er fängt Hornissen und hängt ihnen mit Hilfe von Zeichenkolben oder Zeichenfängern, wie  Imker sie für die Markierung  von Bienenköniginnen nutzen, ein Beutelchen um, darin Gift, das er aus Anti-Mückensteckern gewonnen hat.

Ein kurzer Film zeigt, wie gut seine Methode wirkt: Hornissen, mit Beutelchen und Tod im Gepäck, werden von ihm freigelassen und fliegen ihr Nest an, das in diesem Fall nicht in einem Baum, sondern in einem Schuppen hängt und deshalb aus der Nähe gefilmt werden kann. Die ankommenden Hornissen krabbeln mit tödlicher Fracht ins Nest. Nach wenigen Minuten wird es laut, ein deutliches Brummen ist zu hören, dann hasten Hornissen aus dem Nest und fallen zu Boden.

Die Methode des Herrn San Juan stößt in Nordspanien ganz offensichtlich auf Interesse und Nachahmer. Auf seiner Internetseite verkauft er bis auf das Gift alles, was man zur Bekämpfung braucht und verspricht, so einen Umkreis von 1500 Metern von der Asiatischen Hornisse zu befreien.

Was schon mal ein brauchbarer Anfang wäre.